Gerne gebe ich meine Erfahrungen, auch im Rahmen eines Mentoring – Programms, an junge Menschen weiter und ermuntere gerade junge Frauen, diesen Beruf zu ergreifen.
Mit Familienverantwortung studieren an der HAWK
Rückblick: Marlies Linnemann
Ich habe vom Sommersemester 1991 bis zum Sommersemester 1994 an der HAWK in Holzminden studiert, die damals noch Fachhochschule Hildesheim/ Holzminden hieß. Eingeschrieben war ich im Studienfach „Architektur in Holzminden“, und der Abschluss hieß noch „Zeugnis über die Diplomprüfung“.
In diesen Jahren war das einzige Gebäude in dem Vorlesungen stattfanden die Bauschule am Haarmannplatz. Die neue Mensa und den Anbau jenseits des Holzminde - Baches gab es noch nicht, der Platz war ein begehrter Parkplatz. Die Bibliothek war im Dachgeschoss untergebracht und eine Essensausgabe im Keller, keine Computerräume, keine Fahrstühle, aber der damals schon wunderschöne und vielseitig nutzbare Lichthof. Zweimal im Jahr waren große Feiern dort mit ehemaligen und gegenwärtigen Student*innen, legendär!
Meine private Situation unterschied sich ganz erheblich von der meiner Kommiliton*innen. Es war mein Zweitstudium nachdem ich schon Kunstgeschichte und Germanistik in Berlin studiert hatte. Ich war 35 Jahre alt und alleinerziehende Mutter von vier Kindern. Sehr entgegen kam mir die damalige Organisation der Fachhochschule. Der Unterricht war überwiegend am Vormittag und Architekten und Bauingenieure waren jeweils wie ein Klasse zusammengefasst. So konnte ich Familie und Studium gut unter einen Hut bringen. Wenn es eng wurde während der Klausurzeiten am Ende des Semesters sprangen Familienangehörige oder Freunde ein. Schulen mit Ganztagsbetrieb, Horte mit Mittagessen oder gar eine Kinderbetreuung an der Fachhochschule wurden in diesen Jahren angedacht aber noch nicht umgesetzt.
Trotzdem habe ich das Studium in sehr guter Erinnerung. Gerade der überschaubare Rahmen ließ schnell ein gutes Verhältnis untereinander aber eben auch zu Professor*innen entstehen. So waren individuelle Hilfen und Nachfragen eine Selbstverständlichkeit, eigene Bereitschaft zum Lernen immer vorausgesetzt. Daher war es mir auch ein Bedürfnis nach dem Studium der AVH (Alumni Vereinigung Holzminden, www.avh-holzminden.de) beizutreten. Inzwischen bin ich die 1. Vorsitzende der AVH und wünsche mir viel mehr ehemalige Student*innen bei uns. Selbst wenn die älteren Jahrgänge natürlich von den Studiengängen Architektur /Bauingenieurwesen geprägt sind, so sind auch alle inzwischen etablierten Ausbildungen wie Soziale Arbeit, Immobilienwirtschaft oder Green Building herzlich willkommen. Wir treffen uns zu Geselligkeiten aber auch Besichtigungen und Vorträgen. Wir unterstützen Veranstaltungen der HAWK wie die Abschlussfeier und sind auch Inhaber eines Deutschland – Stipendiums. So ist der Kontakt zur HAWK gut und eng, vom Dekanat werden wir hilfreich unterstützt.
Mein beruflicher Start war völlig problemlos, noch bevor ich das Diplom in der Tasche hatte, hatte ich eine Festanstellung als Architektin. Ein schönes Projekt wartete auf mich, der Bau einer ökologischen Siedlung. Natürlich gab es auch bei mir den Graben zwischen Theorie und Praxis, den es zu überwinden galt. Aber ich hatte Glück und traf auf viele wohlmeinende Projektmitglieder, die mir halfen, mich bald gut zu Recht zu finden. Mit den Jahren übernahm ich immer mehr Bauleiterinnen- Aufgaben. Ich finde es immer noch zutiefst befriedigend wenn aus einer Idee ein Plan und aus einem Plan ein Gebäude wird.
Gerne gebe ich meine Erfahrungen, auch im Rahmen eines Mentoring – Programms, an junge Menschen weiter und ermuntere gerade junge Frauen, diesen Beruf zu ergreifen. Ja, die Bautätigkeit ist nach wie vor von Männern dominiert, mal heiß mal kalt und fast immer schmutzig. Aber es gibt am Ende Ergebnisse die sich ansehen und anfassen lassen, Labsal für jede kreative Tätigkeit.
Der Gleichstellungsbeauftragten und der ganzen HAWK wünsche ich ein fröhliches Jubiläum!